Canon RF 100mm f2.8L Macro IS USM

Canon RF 100mm F2.8L Macro IS USM – Testbericht

Das neue Canon RF 100mm f2.8L Macro IS USM
Eine künstlerische Weiterentwicklung zum Klassiker

Canon RF 100mm f2.8L Macro IS USM

Wer sich in der Vergangenheit in die Welt der Makrofotografie begeben hat und mit einer Canon Spiegelreflex Kamera fotografierte, der kam um das Canon EF 100mm F2.8 L fast nicht umher. Ein Klassiker unter den Makroobjektiven. Es überzeugte mit einer grandiosen Schärfe und einer tollen Farbwiedergabe.

Da sich in den letzten Jahren die spiegellosen Kameras durchgesetzt haben und die R-Reihe bei Canon ebenfalls immer dominanter wurde, war es nur eine Frage der Zeit, bis das 100mm Makro-Objektiv einen würdigen Nachfolger erhalten würde. So hofften wir Naturfotografen jedenfalls.

Ich bin selber seit 3 Jahren ein glücklicher Besitzer einer Canon EOS R und möchte sie nicht mehr missen. Nun habe ich mir ein Herz gefasst (und sehr tief ins Portmonee) und mir die Neuauflage, das Canon RF 100mm F2.8 L Macro IS USM*, gekauft und möchte euch mit diesem Testbericht meinen Ersteindruck schildern.

Wer nur wenig Zeit hat, kann direkt zum – FAZIT – springen.

Was erwartet dich in diesem Testbericht?

Ich werde meinen Test eher weniger auf technischen Details aufbauen und auf praxisferne Analysecharts und langweiligen Grafiken verzichten. Ich möchte euch einen Einblick geben, wie gut man mit dem Objektiv in der Praxis fotografieren kann.
Wie gut ist der Autofokus? Wie detailreich ist die Schärfe? Haben die Bilder ein schönes Bokeh? Wie gut ist die Farbwiedergabe? Welchen Stil hat es generell?

Ich werde meine Eindrücke mit Bildern unterstreichen. Vorab sei gesagt, dass ich mich nicht als Spezialist für Makrofotografie sehe, ich aber auf jeden Fall eine Leidenschaft dafür habe und in den letzten Jahren auch Erfahrungen gesammelt habe, um einschätzen zu können, wie gut sich Canons neues Makro schlägt.

Ich hoffe auf jeden Fall, dass ich euch einen guten ersten Eindruck vermitteln kann. Also auf geht’s!

Ein paar grundlegende Fakten zum Canon RF 100mm F2.8L Macro

Ziemlich Groß – Ziemlich Schwer

Das RF 100mm ist mit einer Länge von 148 mm, im Vergleich zum Vorgänger mit 123 mm, ein bisschen gewachsen. In der Praxis sind mir diese 2,5 cm natürlich weder positiv noch negativ aufgefallen. Es liegt super in der Hand und man kann es bequem in der Handinnenfläche ablegen, um wackelfrei fokussieren zu können. Jedenfalls so wackelfrei, wie es bei einem Abbildungsmaßstab von 1,4:1 eben geht, aber dazu später mehr.

Mit einem Gewicht von 730 g ist es ebenfalls 104 g schwerer als “vorher” und kein Leichtgewicht. In Kombination mit einer Canon EOS R kommt man auf ein Gesamtgewicht von guten 1,2 kg. Das klingt erstmal nicht viel, aber die merkt man auf Dauer. Hat man sich beispielsweise vorgenommen, an einem Busch oder Baum, Bienen zu fotografieren und setzt nicht auf Unterstützung eines Stativs, sondern möchte relativ flexibel bleiben, wenn eine Sammlerin, gerade im Anflug ist, so sollten die Schultern eine gute Kondition aufweisen. Da “das perfekte Bild” schon mal eine halbe Stunde, oder noch länger, auf sich warten lässt, hat man hier sein tägliches Workout immerhin hinter sich gebracht. 
Ich empfinde das Gewicht aber nicht als störend. Es ist nunmal ein großes, lichtstarkes Objektiv, welches sich durch seine “Masse” auch wertig anfühlt. Eventuell bin ich aber auch Kummer gewohnt, da ich das Sigma 50 mm 1.4 Art im Einsatz habe, welches mit seinen 815g Sieger beim Kampf um das Pausenbrot wäre.

Die Ringe der Macht

Typisch für die Objektive der RF, besitz auch das Canon 100mm vorn einen Steuerring. Dieser kann über das Kameramenü mit allen möglichen Werten und Funktionen belegt werden. Viele benutzen ihn beispielsweise für die Steuerung der Blende, wie an früheren Analogobjektiven, andere für den ISO-Wert, die Belichtungskorrektur oder für das schnelle Umstellen zwischen verschiedenen Fokussarten. Ich nutze ihn ehrlich gesagt gar nicht. Bisher fehlt mir die Funktion beim Fotografieren nicht und deshalb habe ich mich schlichtweg noch nicht damit beschäftigt und kann deshalb gar nicht so viel darüber schreiben.

Geht man der Länge nach Richtung Kamera, kommt als nächstes der Fokusring. Dieser ist sehr fest, fast positiv träge eingestellt. Das macht ihn perfekt, um im Makrobereich manuell zu fokussieren und ganz feine Nuancen einstellen zu können. Bewegt man sich mit einer Offenblende von f2.8 im Naheinstellbereich ist das Gold wert und vereinfacht das Arbeiten.

Canon RF 100mm f2.8L Macro IS USM SA-Control

Andere RF-Objektive kommen mit 2 Ringen aus, doch beim RF 100mm bietet Canon noch einen dritten Ring an. 
“Ein Ring zur Steuerung der Sphärischen Aberration” (SA-Control). Was so nüchtern und wissenschaftlich klingt, lässt die Fotografen in Wahrheit große künstlerische Freiheit genießen. Der SA-Control-Ring ermöglicht es, durch leichte Verschiebung der verbauten Linsen, das Bokeh zu verändern und fügt quasi analog einen Weichzeichner-Effekt ins Bild ein. Es entsteht ein Vintage Look, den man von sehr alten Objektiven kennt. Canon wirbt selber, diesen Effekt bei Portraits einzusetzen. Mir persönlich gefällt dieser jedoch in der Portraitfotografie nicht so gut und lässt das Bild eher umscharf wirken. 
Ich habe es aber mit Frühblühern im Gegenlicht getestet und bin von den Ergebnissen mehr als überzeugt. Doch dazu später mehr beim Praxistest.

Was ist mit Schärfe, Blende, Autofokus?

Alle restlichen Daten zum Objektiv stelle ich euch im Praxistest vor. Ich persönlich mag es lieber, wenn ich einen Test lese, zu erfahren, wie es ist, praktisch mit dem Objektiv zu arbeiten, wie der Bildlook und wie scharf es ist und das alles anhand von Bildern aus der Natur veranschaulicht zu bekommen. Deshalb werde ich jetzt nicht weiter um den heißen Brei herum schreiben, sondern euch mit auf Tour nehmen, euch zeigen, was für Bilder man mit dem Objektiv einfangen kann und ob sich ein Kauf lohnt. 

Unterwegs mit dem Canon RF 100mm Macro – Zwischen Frühblühern und Nektar-Sammlern

Manchmal muss man Glück haben. Nach einem verregneten Aprilanfang 2023 sollte sich das Wetter schlagartig, an jenem Tag, an dem ich das Canon RF 100 mm in die Hände bekommen sollte, bessern. Ich packte es aus, zog in den frühen Morgenstunden los, mit dem Ziel beim Testen ein paar Frühblüher einzufangen, eventuell ein paar Insekten vor die Linse zu bekommen und zu guter Letzt auch die Frauenkirche in Dresden, mit einem schönen Blumenbokeh im Vordergrund zu porträtieren. 

Ich lief ein wenig am Elbufer der Innenstadt entlang und sah als erstes ein kleines Feld mit Traubenhyazinthen. Die Sonne schien noch auf den Morgentau, was ein tolles märchenhaftes Bild ergeben sollte. Gedacht getan, begab ich mich ins nasse Gras und suchte nach einem eindrucksvollen Motiv. Der L-Serie, und dem damit eingehenden Wasser- Staubschutz, sei Dank, konnte ich die Kamera sehr bodennah platzieren und hatte eine perfekte Perspektive auf die Blüten. 

Ich konzentrierte mich zunächst auf etwas weiter entfernte Blumen und begab mich nicht direkt in den Nahbereich. Schon nach den ersten 1-2 Bildern war ich erstaunt über die Bildqualität dieses Objektivs. Gestochen scharf flanierten förmlich die kleinen lila Blüten im Bokeh der Wassertropfen. Durch die Brennweite von 100 mm lässt sich das Motiv gezielt im Bild herausarbeiten und in Kombination mit der Blende von f2.8 eine weiche, umliegende Unschärfe erzeugen. 

Nach ein paar Minuten, juckte es mich natürlich in den Fingern und ich began den “Sphären-Ring” einzusetzen. Dieser lässt sich in zwei Richtungen drehen und erzeugt jeweils unterschiedliche Bildlooks. Am Scheitelpunkt rastet er ein wenig ein, so dass man auch ohne hinsehen, erfühlen kann, wann man wieder im “Normalbetrieb” ist. Zusätzlich lässt er sich auch mit einem Kippschalter arretieren, damit man ihn bei Nichtgebrauch, nicht verstellen kann. 

Wenn man ein gutes Maß gefunden hat, wie der SA-Control-Ring einzusetzen ist, lassen sich unfassbar schöne Effekte erzeugen, die, wie ich finde, das Objektiv zu einen Ausnahmetalent auszeichnen. Diese Bildlooks sehen schon fast computergeneriert und unwirklich aus. Man darf die Verstellung des Ringes allerdings nicht ausreizen, da der Weichzeichner-Effekt auf dem Motiv die Schärfe in Mittleidenschaft zieht. Es lädt allerdings zum Spielen ein und macht einfach großen Spaß aquarellartige Bilder zu erzeugen – gang ohne Photoshop oder AI-Software.

Den Makrobereich habe ich an Gänseblümchen und Löwenzahn getestet. Die Brennweite von 100 mm in Kombination mit dem Abbildungsmaßstab von unglaublichen 1,4:1 lassen diese lichtstarke Festbrennweite ganz oben mitspielen. Mit einer Naheinstellgrenze von 26 cm kann man Objekte 4 cm näher abbilden, als noch beim Vorgänger. Durch die Möglichkeit die Motive so nah an die Frontlinse zu bringen, hat die Streulichtblende sogar Schatten auf das Objekt geworfen, so dass ich sie zwischendurch abmontieren musste. Der Autofokus funktioniert auch bei dieser Nähe noch sehr gut, erreicht aber natürlich auch seine Grenzen, weshalb sich in diesem Bereich das manuelle Fokussieren eher eignet.

Und hier kommt auch das am Anfang angesprochene wackelfreie Fotografieren wieder zum Tragen. Denn diese enorme Vergrößerung des Objekt überträgt sich natürlich auch auf die Führung aus der Hand. Jede kleinste Bewegung der Hand, und das lässt sich unmöglich verhindern, lässt das Objekt über das Vorschaubild zischen. Es ist also absolut empfehlenswert, in diesen Nahbereichen ein Stativ zu benutzen, da es sonst sehr lang dauert scharfe Bilder zu bekommen, bei denen auch das Objekt dort im Bild ist, wo ihr es haben wollt.  Es empfiehlt sich im Makrobereich auch eher abzublenden, um einen möglichst großen Schärfenbereich im Bild zu haben. Ich hatte kein Stativ dabei, aber denke, dass doch ein paar brauchbare Bilder dabei sind, um die knackige Schärfe veranschaulichen zu können.

Abseits von den Traubenhyazinthen entdeckte ich noch eine prachtvoll blühende Zierkirsche. Die dicht behangenen Äste, ergeben einen wunderschönen romantischen Look. Die 100 mm Brennweite kombiniert mit der Blende von 2.8 ergeben ein schönes Gesamtbild und stellen einerseits das Objekt perfekt frei und hinterlassen andererseits im Vorder- und Hintergrund eine zarte Unschärfe.

Den Härtetest für den Autofokus des Canon RF 100mm gab es dann bei den fleißigen Nektar-Sammlern. Es empfiehlt sich hier auf jeden Fall die Autofokusgrenze auf den Nahbereich zu begrenzen. Das kann man praktischerweise über einen Schalter am Objektiv einstellen, der den Abstand auf 0,26cm-0,5cm einstellt. Somit pumpt der Fokus nicht unnötig bis ins Unendliche. Es sind ein paar gute Bilder raus gekommen, aber um bessere Ergebnisse erzielen zu können, braucht es ohne Lucky-Shot länger, als die 20 Minuten, die ich mir genommen habe. Denn der Autofokus funktioniert zwar sehr schnell, aber durch die schnellen Bewegungen der Insekten und die Vergrößerung im Makrobereich entsteht natürlich viel Ausschuss. Eine Hilfe ist der gut funktionierende Bildstabilisator, der Verwackeln ohne Ausnahme ausgleicht. Sitz alles, kann man tolle Bilder entstehen lassen.

Zu guter Letzt, bin ich dann noch auf die berühmten Brühlschen Terrassen in Dresden gegangen, um die Frauenkirche noch ein wenig in Szene zu setzen und zu testen, wie scharf das Objektiv die Motive noch in weiter Ferne erfasst. Und ich muss sagen, ich bin mehr als begeistert. Trotz einer Blende von 2.8 ist die Frauenkirche noch gestochen scharf und die gepflanzten Blumen im Park zaubern noch dazu ein schön weiches Bokeh im Vordergrund. 

FAZIT : Kann ich das Canon RF 100mm F2.8 L Macro IS USM empfehlen?

Ich war selten so schnell begeistert von neuem Equipment, als in diesem Fall. Das Makroobjektiv von Canon macht einfach Spaß. Es überzeugt mit einer wertigen Verarbeitung, einer tadellosen Schärfe und einem Abbildungsmaßstab, den es in diesem Bereich wohl nicht noch einmal gibt.

Der hinzugefügte Einstellring für die sphärischen Aberrationen ist eine Neuerung, die sicherlich die Meinungen spalten wird, ich aber nicht mehr missen möchte. Es bietet einfach zusätzliche künstlerische Freiheit, die gerade im Makrobereich total passt, neue Faszination auslöst und in einem neuen Bereich den Spieltrieb anfacht. 

Meiner Meinung nach, ist das einzige Manko am Objektiv der sehr hohe Preis von aktuell 1.550 €, den man bereit sein muss zu investieren. Canon richtet sich hier klar an die fortgeschrittenen Fotografen sowie an den Profi-Bereich. 

Ist das Objektiv, dennoch für den Anfänger geeignet?

Ich bin mir unsicher, ehrlich gesagt. Man muss seine Kamera auf jeden Fall genau kennen und beherrschen, um sich voll auf die Arbeit mit dem Makroobjektiv konzentrieren zu können. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kommt man hier auch auf seine Kosten. 

Ich hoffe, ich konnte euch einen guten Einblick geben, ob das Makro eine Investition wert ist. Lasst mir gern ein Feedback in den Kommentaren da, wie euch das Review gefallen hat. In Zukunft werde ich vielleicht noch weitere Reviews schreiben, wenn ihr Lust drauf habt 🙂


FAZIT – Übersicht

Für Kurzangebundene hier nochmal eine Pro – Contra – Liste

PRO

  • Sehr gutes Handling
  • Gestochenscharfe Bilder
  • Zuverlässiger Bildstabilisator
  • Schneller Autofokus
  • Neue kreative Ansätze mit SA-Control
  • Abbildungsmaßstab von 1,4:1
  • Naheinstellgrenze von 26 cm
  • Weiches Bokeh

CONTRA

  • Sehr Teuer
  • Schwer
  • Kein Einsteiger-Objektiv

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